Bürgervereinigung Köln-Ehrenfeld von 1954 e.V.

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Bauvorhaben 1954

Quelle: Gutachten LVR-ADR: Dipl.-Ing. Rasmus Radach, Abt. Industruiedenkmalpflege

Ein prototypisches Bauvorhaben in Ehrenfeld
Die Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke der Stadt Köln (GEW) beschlossen im Jahr 1953, den Bau eines Hochdruckkugelgasbehälters um die vorhandenen Speicherkapazitäten am Standort Ehrenfeld zu erweitern. Der Bau eines Hochdruckspeichers in Kugelform erschien zeitgemäß, auch wenn damit technisches Neuland beschritten wurde.

Um das benötigte Fassungsvermögen von 100.000 Kubikmetern Gas zu erreichen, war bei einem vorzusehenden Betriebsdruck von 5,0 atü ein geometrisches Volumen von 20.000 Kubikmetern erforderlich – eine Größenordnung, die bis dahin von keinem Kugelgasbehälter erreicht worden war. Die größten bereits realisierten Bauwerke dieser Art boten gerade einmal Speicherraum für knapp 50.000 Kubikmeter komprimiertes Gas.

Eine Arbeitsgemeinschaft der im Behälterbau erfahrenen Stahlbaufirmen August Könne aus Dortmund und dem Kölner Werk der Pintsch-BAMAG AG nahm am September 1953 den herausfordernden Auftrag an, eine statisch-konstruktive Lösung für den erstmaligen Bau eines Druckbehälters dieser Dimension zu entwickeln.

Die Planung der Arbeitsgemeinschaft sah vor, aus 174 in der Werkstatt millimetergenau zugeschnittenen und gekümpelten Stahlblechen von 28,5 mm Dicke eine Kugel von 33,75 Metern Außendurchmesser zu erstellen, deren Verbindungsnähte elektrisch miteinander verschweißt werden sollten. Die Kugelform wurde dazu in Meridian- und Breitenkreisschnitte aufgeteilt. Zur Lastableitung der ca. 950 Tonnen schweren Stahlkonstruktion war ein Tragwerk aus 15 Spreizstützen vorgesehen, welches unter der Kugel eine Durchgangshöhe von 2 Metern frei ließ.

Montage der vorgefertigten Bauteile 1954

Bis zum Mai 1954 erfolgten die werkseitige Vorfertigung der Bauteile sowie die Einrichtung der Baustelle, anschließend begann die Montage vor Ort. Die präzise Ausrichtung der Bleche zur Herstellung einer exakten Kugelform erfolgte mit Hilfe einer strahlenförmigen Verspannung aus Stahlseilen, die über Zugringe in der Behältermitte zusammengeschlossen und an einem axial angeordneten Mast befestigt wurden.

Montage der Bleche durch strahlenförmige Verspannung

Die Ausführung der Schweißarbeiten erfolgte mit einem Außenund einem Innengerüst durch 24 speziell geschulte Schweißer, denen ihre Tagesaufgaben jeweils morgens an einem Modell vorgestellt und erläutert wurden.

Modell der ARGE Klönne/BAMAG

Für die bis zu 7.300 Kilogramm schweren Mantelbleche kam ein eigens für den Bau entwickelter und patentierter Sonderstahl HSB 50 (Hochfester, Schweißunempfindlicher Baustahl) zum Einsatz, und zur Herstellung der insgesamt 1.800 Meter Schweißnähte wurden Spezialelektroden verwendet, die erst in wochenlangen Versuchen ermittelt werden mussten. Die Schweißnähte selbst wurden in einer besonderen V-Form angelegt, die das Einsinken der äußeren Naht vermeiden und dadurch eine dem Ideal angenäherte Kugelform sicherstellen sollte.

Ausrichtung der Bleche durch Montageseile am zentralen Mast

Sämtliche Nähte wurden nach der Fertigstellung einer neuartigen, maßgeblich in den USA entwickelten autogenen Wärmebehandlung unterzogen, um die beim Schweißvorgang entstehenden Eigenspannungen abzubauen und die Schweißnahtgüte zu
verbessern. Eine anschließende Röntgenuntersuchung zur zerstörungsfreien Schweißnahtprüfung erforderte mehr als 4000 Bilder und wies so gute Messergebnisse auf, dass den Schweißnähten ein höherer Gütefaktor von 0,9 zuerkannt werden und der ursprünglich vorgesehene Betriebshöchstdruck nachträglich von 5,0 auf 5,6 atü angehoben werden konnte. In der Konsequenz vergrößerte sich das
projektierte Fassungsvermögen des Gasbehälters von 100.000 Kubikmeter auf 112.000 Kubikmeter – ein unerwarteter, der Erprobung neuer Bautechnik zu verdankender Zugewinn. Am 4. Januar 1955 wurde das Bauwerk mit einer Luftdruckprüfung bei 6,2 atü ohne Beanstandungen vom TÜV abgenommen. Nur wenige Tage später begann die Zuleitung von flüssiger Kohlensäure zur Luftverdrängung aus dem Behälter, bevor am 24. Januar 1955 die Inbetriebnahme erfolgen konnte.