Via Industrialis
Gemeinsam mit dem Förderverein Rheinische Industriekultur realisieren wir seit 2017 die West-Route der „Via Industrialis“ auf Ehrenfelder Gebiet.
Die Via Industrialis ist ein Projekt des Vereins für Rheinische Industriekultur. Köln besitzt spannende Orte und Bauten der Industrie- und Verkehrsgeschichte. Diese in der Öffentlichkeit bekannter zu machen und besser für Kölner und Auswärtige zu erschließen, ist das Ziel des Projektes. Die Via Industrialis umfasst eine Vielzahl industriegeschichtlich bedeutender Orte und Objekte. Darüber hinaus führt die Route zu wichtigen Hafen- und Verkehrsbauten, die in engem Zusammenhang mit der Industrialisierung entstanden bzw. ausgebaut wurden: Häfen, Bahnhöfe, Bahnbetriebswerke und Brücken. Seit 2014 gibt es das Konzept der Via Industrialis. Kölner Industriekultur mit dem Motiv, die wichtigen Orte der Kölner Industriegeschichte stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Das Konzept wurde entwickelt durch den Förderverein Rheinische Industriekultur e. V. Es ruht auf drei Säulen:
• einer Internet-Präsentation: www.via-industrialis.de
• einer gedruckten Darstellung: Walter Buschmann / Mathias Hennies / Alexander Kierdorf: Kölner Industriekultur. Entdeckungsreise Kölner Industriekultur, Klartext-Verlag Essen 2018
• Informationsstelen als Aufmerksamkeitszeichen im öffentlichen Raum
Bislang konnten wir dank der Unterstützung der Bezirksvertretung Ehrenfeld und privater Spender zwei Stelen der „Via Industrialis“ in Ehrenfeld errichten.
1) Ehemaliger Standort der Firma Wilh. Leyendecker & Cie im Leo-Amann-Park
Die Stele nimmt Bezug auf die Fa. Wilhelm Leyendecker & Cie. Dieses Unternehmen wurde 1843 unter dem Namen Odenthal & Leyendecker in der Kölner Altstadt gegründet. Hergestellt wurden unter anderem Bleiweiß und Bleirohre. Im Jahr 1869 entstand an der Venloer Straße in Ehrenfeld eine neue Fabrik, von der das Verwaltungsgebäude (heute Bürgerzentrum Ehrenfeld) und der Wasserturm (heute Quartier der Bürgergarde „blau-gold“ von 1904 e.V. ) sowie die Werksmauer an der Venloer Straße erhalten blieben. Die Stele verweist auch auf den überörtlichen Zusammenhang des Bleibergbaus im Rheinland mit dem zeitweise größten Bleibergwerk Europas in Mechernich (Nord-Eifel) und mehreren anderen Betrieben in Köln, die diesen, auch im Bergischen Land und im Lahngebiet gewonnenen Rohstoff als Basis der Produktion nutzten, wie beispielsweise Lindgens & Söhne in Mülheim-Süd oder die Farbenfabrik W. A. Hospelt in Ehrenfeld an der Lichtstraße. Die Stele wurde finanziert durch bezirksorientierte Mittel der Bezirksvertretung Ehrenfeld.
Einweihung 16. Juni 2018 (v.l.): Bezirksbürgermeister Josef Wirges, Dr. Dieter Brühl und Prof. Dr. Walter Buschmann.
2) Ehemaliger Standort der Firma Mülhens /4711 in Ehrenfeld
Die Stele nimmt Bezug auf die 1874 an der Venloer Straße erbaute Produktionsstätte von 4711. Nach Kriegsschäden wurden die Gebäude im Wesentlichen zwischen 1950 und 1958 nach Entwurf des Architekten Wilhelm Koep erneuert. Das Verwaltungsgebäude entstand 1960-62. Die Stele wurde finanziert durch den Eigentümer des für Kleinapartments umgebauten ehemaligen Verwaltungsgebäudes, die Firma corestate-capital.
Einweihung 1. September 2020 (vl.): Fiona Achenbach, Dieter Streve-Mülhens, Prof. Dr. Walter Buschmann, Bezirksbürgermeister Josef Wirges.
Ein dritter Standort ist derzeit in Planung und wird 2021 realisiert:
3) Eisenbahn-Viadukt Ehrenfeld
Standort der ehemaligen Güterstation Ehrenfeld und des Personenbahnhofs Ehrenfeldgürtel/Hüttenstraße/Stammstraße/Gerhard-Wilczek-Platz
Am 2. August 1839 fuhr die erste von Köln „Am Türmchen“ ausgehende Eisenbahn quer durch Ehrenfeld bis Müngersdorf. Es war der Anfang der Köln-Aachener Linie die von einem privaten Träger, der rheinischen Eisenbahngesellschaft, erbaut worden war und später Anschluss an die belgische Bahn nach Antwerpen fand. Diese Linie war insofern von größter Bedeutung, als sie die erste Bahn des europäischen Kontinents war, die zwei Staaten miteinander verband. 1840 wurde die Strecke bis Lövenich fortgeführt, 1841 bis Aachen und 1843 bis zur Landesgrenze Herbesthal. Erbauer dieser wichtigen Eisenbahnverbindung war David Hansemann (1790-1864), Kaufmann, Bankier und preußischer Politiker.
Im Jahre 1861 nahm Jakob Wahlen mit der Direktion der Rheinischen Eisenbahn Verbindung auf, um die Anlage einer Ehrenfelder Güterstation vorzuschlagen. Am 30. November 1862 kam ein Vertrag hierrüber zustande und im Jahre 1863 konnte die lang ersehnte Güterstation eröffnet werden. Wahlen hatte der Bahn das Grundstück zur Bahnhofsanlage geschenkt. Damit begann der wirtschaftliche Aufschwung von Ehrenfeld. Viele der ortsansässigen Fabriken und Gewerbebetriebe konnten so ihre Rohstoffe empfangen und ihre Güter absenden. In dieser Zeit wuchs auch die Bevölkerung sehr rasch, so dass 1865 auch eine Haltestelle für den Personenverkehr eingerichtet wurde. Ein repräsentatives Bahnhofsgebäude wurde 1867/68 erbaut. 1878 wurde die anrainende Hütten Straße verbreitert und gepflastert. Wahlen sorgte ferner für eine ordentliche Einzäunung des Bahnhofs. Der „neue“ Güterbahnhof Ehrenfelds an der Vogelsanger Straße ging 1899 in Betrieb und ersetzte die alte Güterstation in Ehrenfeld.
Ehrenfelder Bahnhof um 1900 (Foto: Wilczek 1983)
Historisches Fotodokument aus dem Jahr um 1900. Bis 1923 fuhr die Eisenbahn ebenerdig durch Ehrenfeld. (Foto: Archiv Bürgervereinigung Köln-Ehrenfeld)
Der alte Ehrenfelder Bahnhof wurde kurz vor dem Ersten Weltkrieg abgerissen und ein neuer erbaut. In den Jahren 1921/22 legt man in hoch, führte die Gleise über 90 Viadukte hinweg, womit die Gefahrenpunkte an der Subbelrather Straße, am Ehrenfeldgürtel und an der Venloer Straße und an der Vogelsanger Straße beseitigt waren.
Ehrenfelder Bahnhof um 1929 (Foto: Archiv Bürgervereinigung Köln-Ehrenfeld)
Die Arbeiten für die Hochlegung der Personen Strecke zur schienenfreien Straßenkreuzung wurden 1913 begonnen und im Dezember 1923 beendet. Vom 11. Dezember 1923 ab fuhren die Züge über die nun hochgelegten Gleise.
Bahnhof Ehrenfeld 1983 (Foto: Wilczek 1983)
Weitere Informationen: Via Industrialis – Eisenbahn-Viadukt Köln-Ehrenfeld
Quellen:
„Ein Bahnhof auf 90 Viadukten“; KStA 1929
„Auf blanken Schienen“ aus Gerhard Wilczek „Ehrenfeld einst und jetzt“, 1967
Gerhard Wilczek, Ehrenfeld Bilder von damals und heute, 1983